Time-Out
Anliegen
Zielgruppe
Ziele
Hilfeverlauf
Zusatzangebot Trotzdem e. V.
Anliegen
Das Angebot ist gedacht für Jugendliche, die aufgrund ihrer Auffälligkeit im bisherigen Lebensrahmen nicht zu halten sind und für die eine Übergangslösung im Rahmen einer stationären Unterbringung notwendig ist. Der zeitlich begrenzte Aufenthalt im Projekt in Portugal dient dazu durch eine reizarme Umgebung sowie das spezifische pädagogische Programm eine "Beruhigung des Verhaltens" herbei zu führen. Darüber hinaus findet eine Erarbeitung von Hintergründen, Auslösern des Problemverhaltens, Ressourcen und Lösungsansätzen mit der/dem Jugendlichen und parallel dazu mit der Familie im Heimatland statt. Es wird eine Empfehlung für die anschließende Hilfe/Perspektive mit allen Beteiligten erarbeitet und in Abstimmung mit dem Jugendamt sowie den Erziehungs- bzw. Personensorgeberechtigten die entsprechende Umsetzung eingeleitet und mitgestaltet.
Insgesamt gibt das Angebot Zeit und Raum für die gründliche Erziehungsplanung und dafür, eine geeignete Hilfeform zu finden.
Zielgruppe
Das Time-Out ist konzipiert für Jugendliche zwischen ca. 12 und 18 Jahren, die sich in einer Krise oder in einer ausweglos erscheinenden Situation befinden, und von persönlichen, familiären oder sozialen Schwierigkeiten betroffen sind. In der Regel handelt es sich hierbei um Jugendliche, bei denen es den Erwachsenen nicht mehr gelingt Grenzen zu setzen, die keine Einsicht mehr in Konsequenzen für ihre Grenzüberschreitungen zeigen und nicht mehr zu erreichen sind. Das Verhalten der Jugendlichen ist überwiegend dadurch gekennzeichnet, dass sie machen was sie wollen, sich bei zweifelhaften "Freunden" aufhalten und/oder kriminelle Handlungen vollziehen und evtl. Drogen oder Alkohol konsumieren. Die Orientierungsphase in Portugal ist ebenfalls für Heranwachsende in stationären Einrichtungen geeignet, bei denen die bereits installierten Hilfen und Interventionen keine Wirkung mehr zeigen.
Ziele
Ziel des Time-Out Projektes ist, Jugendliche aus einem angespannten sozialen Umfeld/einer zugespitzten Krisensituation für eine begrenzte Zeit (max. 3 Monate) herauszulösen und in einer reizarmen Umgebung unterzubringen, um die Krise in einem unbelasteten Kontext zu bearbeiten. Dafür stehen zwei Plätze zur Verfügung. Die Unterbringung erfolgt bedarfsorientiert auf einer der drei pädagogisch geleiteten Projektstandorte oder in einer familienanalogen 1:1 Betreuung.
Ziele der pädagogischen Arbeit mit den Jugendlichen während ihres Aufenthaltes in Portugal sind im Einzelnen:
- zur Ruhe kommen, innere Distanz gewinnen, psychische Entlastung erfahren
- Stopp/Unterbrechung von unangemessenem Verhaltens- und Interaktionsmustern
- Aufarbeitung zur Aufnahme führenden Situation (Reflexion über die Gründe des Time Out, Reflexion problematischer Beziehungen usw.)
- Erarbeiten von Ansätzen für alternative, sozial angemessene Handlungsmodelle
- Sich selbst erfahren/erleben in einem veränderten Betreuungssetting
- Einhalten einer Tagesstruktur und Übernahme von Verantwortung im Arbeitskontext
- Akzeptieren von Autoritäten
- Erarbeitung von Ressourcen, Perspektiven, Lösungen
- Sozialpädagogische Diagnostik, gegebenenfalls Leistungsdiagnostik
- Erarbeiten von konkreten Vorstellungen/Vorschlägen für die zukünftige Lebensgestaltung (Erarbeiten eines weiterführenden Hilfevorschlages) unter Einbeziehung der im Heimatland mit dem Herkunftssystem erarbeiteten Ergebnisse
Hilfeverlauf
1. Vorbereitung / Kontaktaufnahme
- Bei Anfrage Überprüfung der Aufnahmemöglichkeit
- Kontaktaufnahme zum/zur Jugendlichen und dem Herkunftssystem
- Vorbereitung auf das Time-Out, (Einzel- oder Gruppensetting)
- Klärung der Aufgabenstellung/Fragestellung
- Abholung des/der Jugendlichen durch das Progresso-Team
2. Arbeitsphase
Grundlage der Arbeit in Portugal ist eine klare und eindeutige Alltagsstruktur, die den Jugendlichen die Voraussetzung bietet, sich an Autoritäten, Regeln und Verpflichtungen halten zu können.
Der Tag beginnt je nach Projekt zwischen 7:30 Uhr und 8:00 Uhrmit einem gemeinsamen Frühstück. Die Einnahme der Mahlzeiten erfolgt regelmäßig gemeinsam und zu festgelegten Zeiten. Tagsüber ermöglichen klar definierte Arbeits-, Sport- und Haushaltsprojekte lebenspraktische Erfahrungen zu sammeln, durch welche die Jugendlichen z.B. handwerkliche Fähigkeiten erlernen und Ausdauer sowie physische Konditionen trainieren. Im Rahmen der pädagogischen Verantwortung und Kontrolle des Betreuungspersonals sowie der transparenten Regeln organisieren und verantworten die Jugendlichen wichtige Bereiche im Alltag selbständig. Dies bezieht sich z.B. auf das Reinigen der eigenen Zimmer, der Gemeinschaftsräume, des Außengeländes und ihrer Wäsche, die Tier-, Garten- und Pflanzenpflege sowie das Kochen.
Zu Beginn des Aufenthaltes in Portugal werden individuelle und realistische Ziele für das Time-Out selbst und die Anschlussperspektive sowie die dafür zu gehenden Schritte zusammen mit der/dem Jugendlichen erarbeitet und schriftlich fixiert. Die Ziele sowie das alltägliche Verhalten werden in wöchentlichen Gruppengesprächen reflektiert. Jeder hat die Aufgabe, von Beginn an seinen persönlichen Lebenslauf nieder zu schreiben, die Niederschrift wird Stück für Stück mit einem/einer PädagogIn in Einzelgesprächen besprochen.
Nach Bedarf und jeweils auf die einzelnen Jugendlichen abgestimmt werden verschiedene Ein- zelprojekte (EZP) angeboten wie z.B. Wanderungen über mehrere Tage mit einer Begleitperson, um das individuelle Lernen, die Selbsterfahrung, das Erfahren von Grenzen, die Entschluss- und Überwindungskraft, das Selbstbewusstsein u.v.a. zu fördern bzw. zu stärken.
Progresso bietet an, einen schulischen Leistungstest durchzuführen, um nach oftmals längeren Fehlperioden in der Schule zu überprüfen, auf welchem Leistungsstand sich der/die Jugendliche befindet.
Die freie Zeit kann individuell genutzt werden für Aktivitäten wie z.B. Lesen, Musik hören, gemeinsame Spiele, Werken und Gestalten, Wandern, Sport, Einkaufen, Hausaufgaben, Tierpflege, etc. Als gemeinsame Gruppenaktivitäten werden Sport und vielfältige Freizeitangebote wie die Erkundung der Umgebung und Natur durch Ausflüge, Fahrradtouren, Kanufahrten, Wanderungen und Spielnachmittage angeboten.
Regelmäßige Tagesabläufe, regelmäßige Gruppensitzungen oder die gemeinsame Auswertung des Tages bei den gemeinsamen Mahlzeiten sind elementare, den Alltag strukturierende Rituale, auf die besonders Wert gelegt wird. Sie geben Sicherheit, erzeugen ein Gemeinschafts- gefühl und vermitteln der Gruppe die positiven sozialen Konsequenzen von Wachstumsschritten.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil in den Projektstandorten ist die Arbeit mit Tieren (Pferde, Hunde, Katzen, Hühner). Mit ihnen können die Jugendlichen lernen, Verantwortung für ein anderes Lebewesen zu übernehmen. Bei vorliegenden Schwierigkeiten, Vertrauen in andere Menschen zu entwickeln, können die Tiere eine Schlüsselfigur zum Zugang zur Gefühlswelt sein. Insbesondere in der Arbeit mit den Pferden haben Jugendliche mit emotionalen und sozialen Störungen die Möglichkeit, Beziehungen neu zu erleben, da die Tiere immer sofort in der jeweiligen Situation reagieren und somit für die Jugendlichen Ursache und Wirkung immer im direkten Zusammenhang mit ihrem eigenen Verhalten erlebbar wird. Durch das Reiten und durch die Arbeit mit einem Pferd werden zudem Fremd- und Eigenwahrnehmung sowie das Körperbewusstsein geschult.
Während des gesamten Time Out erfolgt ein regelmäßiger Austausch zwischen den für den Fall verantwortlichen MitarbeiterInnen von PROGRESSO und dem Träger; die jeweiligen Ergebnisse werden zeitnah zurück gekoppelt und in den aktuellen Prozess sowohl in Portugal als auch im Heimatland eingebracht.
3. Auswertung und Empfehlung
In Portugal wird nach einem Arbeitszeitraum von ca. 10 Wochen eine sozialpädagogische Auswertung erstellt.
4. Rückkehr
Die/der Jugendliche wird entsprechend der erarbeiteten Ergebnisse in Abstimmung mit Jugendamt und Herkunftssystem/Sorgeberechtigten ins Heimatland zurück begleitet. Gegebenenfalls ist je nach Lage und Situation eine Anschlussmaßnahme im Rahmen einer intensivpädagogischen Langzeithilfe in Portugal möglich.
Zusatzangebot Trotzdem e. V.
Parallel zum Time-Out in Portugal führt Trotzdem e.V. mit der Familie bzw. dem Bezugssystem des/der Jugendlichen in Deutschland eine Klärungsarbeit zu den Hintergründen und Auslösern des Problemverhaltens, den Ressourcen und den Lösungsansätzen durch.
Die Durchführung der systemischen Arbeit mit dem Bezugssystem erfolgt durch zwei FamilientherapeutInnen im Co-Team. Im Rahmen von 8 Kontakten werden in aufsuchender ambulanter Arbeit mit Methoden der systemischen Familienberatung/-therapie (fallbezogen Genogrammarbeit, Ressourcenanalyse, Skulpturarbeit, Netzwerkkarte, Familienchronologie, Wendepunktanalyse, Lösungsaufstellungen usw.) die Krisenauslöser, Ressourcen, Integrations- und Entwicklungsmöglichkeiten des Herkunftssystems erarbeitet. Die Ergebnisse sind Bestandteil der Einschätzung bzw. Empfehlung für die Anschlusshilfe bzw. den weiteren Verbleib der/des Jugendlichen.
Ziele der systemischen Arbeit mit dem Herkunftssystem in Deutschland durch Trotzdem e.V. sind:
- Erarbeitung von grundlegenden Strukturen, Mustern und Dynamiken, die das Verhalten und die aktuelle und spezifische Situation des/der Jugendlichen bedingen, (Familienregeln, bewusste/unbewusste Aufträge, wichtige biographische Ereignisse, Rollenverteilungen, usw.), die für die diagnostische Sicht auf das Verhalten und die Entwicklung des krisenhaften Geschehens bedeutsam sind und die für eine angemessene Perspektiventwicklung eine Rolle spielen
- Netzwerkanalyse, Auffinden von Personen, Kontexten, Faktoren, die für die Erarbeitung einer guten Lösung für die weitere Entwicklung des/der Jugendlichen eine positive Rolle spielen können und nutzbar sind
- Erarbeitung einer Einschätzung von Bindung und Stabilisierungsfähigkeiten im gegebenen Kontext
- Erarbeitung einer Einschätzung der Bezugspersonen (Eltern, ErzieherInnen, Sonstige) bezüglich Änderungsbereitschaft, Bereitschaft zur Annahme von Hilfe sowie der Mitwirkung an stabilisierenden lösungs-relevanten Unterstützungsangeboten
- Rückkopplung der Ergebnisse aus der Arbeit mit dem/der Jugendlichen in Portugal und Weiterarbeit damit
In enger Kooperation zwischen den MitarbeiterInnen von Progresso und Trotzdem e. V. werden folgende Ziele gesichert:
- Fortlaufender Austausch zwischen der koordinierenden Fachkraft bei Progresso und der bei Trotzdem e.V. für die Koordination der Familientherapeutischen Arbeit mit dem Herkunftssystem in Deutschland zuständigen Fachkraft; Einfließen der jeweiligen Ergebnisse in die Arbeit beider Stellen.
- Erstellung eines umfassenden gemeinsamen Berichtes, der die Ergebnisse sowohl der Arbeit mit der/dem Jugendlichen in Portugal als auch in Deutschland mit dem Herkunftssystem enthält
- Erarbeitung eines Vorschlages für die Lebensgestaltung nach dem Time Out gemeinsam mit der/dem Jugendlichen, Jugendamt und Eltern/Bezugssystem
- Vorbereitung der Rückkehr der/des Jugendlichen
- Einleitung der Umsetzung des erarbeiteten Vorschlages.
In der Zusammenführung der Ergebnisse aus der Diagnostik des Herkunftssystems in Deutschland wird eine weiterführende Hilfeempfehlung erarbeitet. Der Auftraggeber erhält einen aussagefähigen Diagnostikbericht, der die schriftlichen Ergebnisse aus der Arbeit mit dem/der Jugendlichen in Portugal und mit dem Herkunftssystem in Deutschland zusammenfasst.
Trotzdem e. V. leistet zusätzlich Hilfe bei der Rückkehr ins Herkunftssystem, Überleitung zu anderen Stellen oder bei der Verselbständigung.